Der Hund Vielzuklein

Es war einmal ein Schäfer, der hatte hundert Schafe und drei Hunde. Zwei der Hunde waren groß und kräftig und hüteten die Schafe. Der dritte aber war klein geblieben und hieß deshalb Vielzuklein. Eines Tages sagte der Schäfer: „Du bist ein unnützer Fresser und zum Schafehüten nicht zu gebrauchen“ und jagte ihn davon. Da lief Vielzuklein in ein Dorf und zu einem Bauernhof und fragte den Bauern: „Darf ich auf deinem Hof bleiben?“

„Wenn du ein guter Wachhund bist, kann ich dich brauchen,“ antwortete der Bauer. Aber die Kinder spielten den ganzen Tag mit ihm und er war am Abend so müde, dass er fest einschlief und nicht merkte, wie ein Fuchs sich in den Hühnerstall schlich und ein Huhn stahl.

Am nächsten Morgen war der Bauer sehr böse und rief: „Du bist mir ein feiner Wachhund! Mach dass du fortkommst!“

Da lief Vielzuklein traurig davon und kam in den Wald, wo er einen Jäger traf. Der wollte ihn erschießen, weil er so allein im Wald herumlief. Aber Vielzuklein sagte: „Bitte erschieß mich nicht. Ich kann in einen Fuchsbau kriechen, weil ich so klein bin, vielleicht kann ich dir nützlich sein.“

„Wenn du ein guter Jagdhund bist, kann ich dich brauchen,“ antwortete der Jäger. Kurz darauf schoss er auf einen Fuchs, der sich aber davonmachen konnte. Schnell lief Vielzuklein hinter ihm her und kroch in den Fuchsbau. Da sah er, dass es derselbe Fuchs war, der das Huhn des Bauern gestohlen hatte. „Diesmal hab ich dich!“ sagte er. „Bitte verschone mich, ich brauche doch das Fressen für meine Jungen,“ sagte der Fuchs. Da erst sah Vielzuklein drei niedliche kleine Füchse, die sich ängstlich vor ihm versteckten, und er brachte es nicht übers Herz, den Fuchs zu töten. „Nun verliere ich ein zweites Mal meinen Herrn, denn ohne dich kann ich mich vor dem Jäger nicht blicken lassen, dann erschießt er mich,“ sagte Vielzuklein betrübt.Da antwortete der Fuchs: „Geh doch in die Stadt und suche dir dort einen Herrn, da brauchst du für dein Fressen nicht zu arbeiten.“

Vielzuklein bedankte sich für diesen guten Rat und kroch aus dem Fuchsbau. Er machte einen großen Bogen um den Jäger und lief so lange, bis er in die Stadt kam. Dort herrschte Lärm und Gedränge und er wäre fast überfahren worden, wenn ihn nicht ein junger Mann im letzten Moment festgehalten hätte.

„Du musst doch auf die Ampel achten,“ sagte der junge Mann zu ihm. „Willst du nicht mein Herr sein?“ fragte Vielzuklein. Dem Mann tat der kleine Hund leid und er nahm ihn mit sich in seine Wohnung. Dort gab er ihm gutes Fressen und ließ ihn vor seinem Bett schlafen.

Am nächsten Morgen aber mußte der Mann ganz früh zur Arbeit gehen, er schloss die Wohnung ab und ließ Vielzuklein allein. Nun war alles still, den ganzen Tag sah er keine Schafe, keine Kinder, und er war so einsam, dass er anfing zu heulen. Das hörten die anderen Hausbewohner und klopften an die Wände und schimpften und sagten am Abend zu dem Mann: „Diesen schrecklichen Hund dürfen Sie nicht behalten, der heult ja den ganzen Tag.“

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